Baz-Artikel vom 22.3.25
Abschaffung der Münzschlitze Senioren und Politiker fordern auf breiter Front die Beibehaltung traditioneller Zahlungsmethoden.
«Einmal mehr total respektlos gegenüber älteren Personen.» – «Das wird das Schwarzfahren fördern.» – «Die BVB lassen seit Jahrzehnten keine Fehlentscheidung aus.» – «Bargeld ist definitiv nicht überholt!» – «Die Bevölkerung wird als wie älter, und man setzt Bezahlsysteme für Junge ein.» – «Ich bin für die Wiedereinführung des Billeteurs.» – Das sind Auszüge aus «Talkbacks» zum BaZ-Artikel vom Dienstag.
Die Abschaffung von Bargeld bei den neuen Geräten des Tarifverbunds Nordwestschweiz (TNW) kommt nicht gut an. Auch in der Rubrik «Frage des Tages» des Onlinemagazins «Bajour» votieren rund 67 Prozent der Teilnehmer gegen die bargeldlosen Billettautomaten.
Keine Ersatzteile mehr
Dabei sind die Argumente der BVB gewichtig: «Die alten Geräte sind nach 20 Jahren am Ende ihres Lebenszyklus», betont BVB-Mediensprecher Matthias Steiger. «Mechanische Ersatzteile sind auf dem Markt kaum noch zu erhalten, so etwa die für die Bedruckung der Billette nötigen Farbbänder.» Es gebe zwar noch Hersteller. Automaten, die Münz-und Bargeld annehmen, verursachten aber deutlich höhere Anschaffungs- und Wartungskosten. «Die BVB sind aber politisch dazu angehalten, kostengünstig zu arbeiten. Ausserdem können Geräte mit Münzbetrieb aufgebrochen werden», so Steiger, der auch auf eine geplante Mehrfachkarte und auf die neue Prepaidkarte verweist, die man anonym mit Bargeld erwerben könne. «Dafür soll ein Verkaufsnetz errichtet werden», sagt Steiger.
Ball liegt beim Grossen Rat
Die neuen Automaten kosten rund 15 Millionen Franken, und da hat der Grosse Rat das letzte Wort. Dort hatten die Fraktionen noch keine Zeit, das Geschäft zu besprechen. Die Meinungen der Grossräte scheinen aber quer durch alle Parteien bereits gemacht: «Ich lehne die Abschaffung von Bargeld bei den Billettautomaten ab», sagt etwa Nicola Goepfert von der Basta.
«Ich bin dagegen, dass die Möglichkeit, an BVB-Automaten mit Münz zu bezahlen, genommen wird», sagt auch Andrea Strahm von der Mitte. «Ich sehe immer wieder Personen mit Kleingeld bezahlen, das Bedürfnis ist also da.»
Gegen die Einführung bargeldloser Maschinen sind auch die Vertreter der SVP: «Gerade ältere Menschen bezahlen häufig mit Bargeld und auch die spontane Tramfahrt kann so unter Umständen verunmöglicht werden. Die BVB haben immer noch einen Service-public-Auftrag zu erfüllen!» betont Pascal Messerli.
«Für diejenigen, die digital unterwegs sind, braucht es wohl auch überhaupt gar keine Automaten. Insofern machen für mich bargeldlose Automaten wenig Sinn», ergänzt Joël Thüring.
Nicht generell gegen die Einführung der Automaten ist Harald Friedl von den Grünen: «Es sollte aber sichergestellt sein, dass auch eine Zahlungsmöglichkeit via Prepaidkarte möglich ist, die einfach, zum Beispiel an Kiosken mit Bargeld aufgeladen werden kann. Somit können Personen ohne digitale Zahlungsmöglichkeit mit einer gewissen Anonymität weiterhin vom Angebot der BVB Gebrauch machen.»
Raoul Furlano von der LDP sieht die Vorteile der Digitalisierung: «Bedenken hege ich jedoch, was ältere Menschen, sozial Benachteiligte oder Touristen betrifft, welche ohne passende Karten Schwierigkeiten haben könnten, Tickets zu kaufen. Wer keine Karte oder kein Smartphone dabeihat, kann also kein Ticket mehr lösen.»
Für die neuen Automaten sprechen sich auch Jessica Brandenburger und Michela Seggiani von der SP aus. Die Digitalisierung vereinfache vieles und führe zu Kostenreduzierungen: «Als wichtig erachten wir eine einfache und intuitive Handhabung, die auch für ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen machbar ist. Die geplante nicht personalisierte Prepaidkarte, die weiterhin mit Bargeld erworben werden kann, ergänzt die digitalen Billettautomaten optimal.» Auch Claudia Baumgartner Fraktionspräsidentin der Grünliberalen will auf ältere BVB-Passagiere Rücksicht nehmen: «Selbstverständlich dürfen aber diejenigen Personen, welche (noch) nicht digital unterwegs sind, dadurch nicht vom öffentlichen Verkehr ausgeschlossen werden.»
Support angemahnt
Ambivalent äussern sich die Interessenvertreter der Seniorinnen und Senioren. «Die Grauen Panther Nordwestschweiz haben bezüglich der momentanen digitalen Transformation keine einheitliche Meinung», erklärt Vorstandsmitglied Ursina Baumgartner. «Für einen Grossteil ist es wichtig, mit der Digitalisierung mitzuhalten. Für einen anderen Teil bedeuten die ständigen Änderungen einen enormen Stress, der Angst, Wut und auch Scham auslöst. Für diese Gruppe braucht es analoge Alternativen und einen gut ausgebildeten Support», so Baumgartner.
Ähnliches berichtet Michael Harr von der Pro Senectute. «Wir sind uns bewusst, dass wir die grundsätzliche Entwicklung, die zunehmende Digitalisierung, nicht aufhalten können», so Harr. «Stattdessen versuchen wir, mit unseren Angeboten ältere Menschen zu befähigen, sich in einer zunehmend digitalen Welt zurechtzufinden.» Zufrieden sei man damit, dass man an den Verkaufsstellen weiterhin bar bezahlen könne.
Simon Erlanger